KOLUMNE SMART HOME FORTSCHRITT ODER GRUSELIG

Auf einmal sind wir alle smart. Ganz unabhngig von unserem Bildungsstand wurden wir die letzten Jahre ber immer smarter. Erst via Smartphone. Spter und immer schneller aber auch mit Smartwatch, Smart Printer, Smart Khlschrank, smarter Glhbirne und und und. Ich glaube, heutzutage knnten wir alles auch in smart bekommen. Einmal Pommes rot-wei. Ach ne, smarte Pommes rot-wei. Die messen dann gleichzeitig beim Essen die Kalorien, die du spter wieder verbrennen musst, um die gefutterten Pommes wieder abzutrainieren. Okay, okay, soweit ist es noch nicht. Aber so langsam, aber sicher bekomme ich das Gefhl, dass die smarten Gegenstnde unseren Alltag erobern und nicht nur das, nach und nach auch bernehmen.

Es ist zwar ganz nett, dass ich mir jetzt keine eigenen Einkaufslisten mehr machen muss, weil das mein Khlschrank von ganz allein bernimmt. Aber irgendwie vermisse ich auch die Mglichkeit einfach mal mit Kuli und Notizzettel bewaffnet durch die Kche zu gehen und zu schauen, was man in dieser Woche noch gebrauchen knnte. Und ist es wirklich notwendig, dass die Brste meine Haarstruktur misst whrend ich mir morgens noch halb verschlafen die Haare kmme? Bei so mancher smarten Erfindung, so clever sie auch sein mge, frage ich mich doch, ob ich diesen Fortschritt wirklich brauche.

Und wenn wir schon einmal dabei sind. Wer bekommt eigentlich die ganzen Daten, die sich da ber die Monate auf irgendwelchen Servern ber mich, meine Einkaufsroutine und meine Haarstruktur ansammeln? Bekomme ich dann beim digitalen Zeitung lesen wieder Werbeanzeigen ber die neusten, veganen Produkte (die sich durchaus ab und zu auf meinen Einkaufszettel verirren knnten) oder ein besseres Haarshampoo angezeigt? Ich frage mich, wie viel ich eigentlich an mir messen lassen mchte und wie viel von mir gespeichert werden soll. Denn so grandios der technische Fortschritt ist, so gruselig ist es manchmal doch auch.

Das liegt vor allem daran, dass vieles von dem, was da im Unsichtbaren zwischen Nullen und Einsen stattfindet, noch immer viel zu intransparent ist. Und so eine richtige Kontrolle darber, was ich wem gebe, habe ich eben nicht. Ich bin niemand, der absolut auf diese Dinge pocht. Ehrlich gesagt, bin ich sogar recht vertrauensvoll, wenn es um meine Daten geht. Und doch hat die Vergangenheit oft bewiesen, dass dies eben auch relativ leicht missbraucht werden kann. Sei es nun bei einer Beeinflussung zur nchsten Prsidentschafts- oder in unserem Fall Bundestagswahl. Oder eben fr Firmen, die Daten an den nchstbesten verkaufen. So wie es bei den im Internet herumschwirrenden DNA-Tests zum Beispiel durchaus der Fall ist. Hier werden die erhobenen Daten nach erfolgter DNA-Analyse und Abstammungsbestimmung mitunter an Pharmaunternehmen weiterverkauft, die dann wiederum diese fr ihre Forschung verwenden knnen.

Das hat nicht unbedingt etwas mit Smart Home zu tun. Aber es zeigt zumindest, dass das Potential da ist unsere erhobenen Daten gewinnbringend weiterzuverkaufen. Schon jetzt gibt es in einigen Lndern oder Landstrichen nur noch Smart Homes. Wie im ZeitMagazin krzlich von einer Stadt in China berichtet wurde, in der Apartments nur noch mit entsprechender Ausstattung vermietet oder verkauft werden. Alles ist connected. Wenn man abends nach der Arbeit nach Hause kommt, luft schon Musik. Die Heizung (oder Klimaanlage) ist auf die richtige Temperatur eingestellt. Eventuell ist die Wsche gewaschen, fertig zum Aufhngen. Das Essen wurde warm gemacht. Ein Raumduft versprht. All das ohne menschliches Zutun, sondern ganz allein durch Technik. Und auch die Wohntrends sagen hnliches voraus.  Smart Living, smarte Logistik und Smart Shopping sollen immer mehr in unseren Alltag einziehen. Auch vom Einsatz von Pflegerobotern ist die Rede. Wie der smarte Hund der Zukunft aussehen kann, haben wir neulich bei Sony bestaunen drfen. Der reagiert sogar auf angelernte Befehle (lernt auch immer weiter, knstlicher Intelligenz sei dank) und lsst sich auch von mir streicheln, wenn ich das mchte.

Wollt ihr die optimale Raumtemperatur, wenn ihr nach Hause kommt? Dan LeFebvre/unsplash.com

So sehr mir das gefllt, so sehr gruselt es mich auch. Denn wenn ich ber diese Bereiche meines Lebens nur noch bedingt entscheiden kann bzw. mir die Entscheidungen auch abgenommen werden, empfinde ich in dem Moment eine Art Kontrollverlust.  Ich mchte auch mal ganz oldschool das Licht anknipsen, wenn ich nach Hause komme, mich fr abgefahrene Musik entscheiden oder doch lieber einen frischen Salat anstatt des aufgewrmten Mittagessens verputzen. Vielleicht ist mir heute sogar irre hei, wenn ich zur Tr rein komme und ich will nicht die optimale Raumtemperatur von 21 Grad. Und was passiert eigentlich bei Stromausfall? Kann mein Smart Home dann fr mich Kerzen in der ganzen Wohnung entznden?

Wie geht es euch? Empfindet ihr den Fortschritt als gruselig oder bereichernd?

Titelbild:  Bence Boros/unsplash.com