3D DRUCK KUNSTWERKE RESTAURIEREN

Bringt bei eurem nchsten Museumsbesuch eine UV-Lampe mit die historischen Kunstwerke um euch herum knnten verborgene Hinweise auf Technologien bergen, die es vor ein paar Jahren so noch nicht gab!

Mattia Mercante ist Restaurator von Kulturgtern und arbeitet vor allem mit dem Institut Opificio delle Pietre Dure im italienischen Florenz zusammen. Er verwendet moderne digitale Methoden wie 3D-Scannen, CAD und 3D-Druck, um die Kunstwerke der brillantesten Knstler und Bildhauer der Renaissance darunter Michelangelo und Leonardo da Vinci zu restaurieren. Diese digitalen Werkzeuge geben Restauratoren die Mglichkeit, die technische Virtuositt der alten Meister nachzuahmen und filigrane Details zu restaurieren, welche auf einem anderen Weg nicht nachgebildet werden knnten. So knnen wir auch heute Kunstwerke in ihrer vollen Pracht bewundern ganz so, wie es ihre Schpfer beabsichtigt haben.

Lest weiter, um mehr ber die versteckte und mysterise Welt der Kunstrestauration zu erfahren und herauszufinden, wie moderne Technologien dabei helfen, unser Kulturerbe zu bewahren.

Digitale Technologien in einem traditionellen Beruf

Nachdem er sich kurz an Architektur versucht hatte, studierte Mercante Restaurierung am Opificio, einem der prestigetrchtigsten ffentlichen Institute auf diesem Gebiet. Mercante interessierte sich zunchst fr 3D-Modellierung in der digitalen Bildhauerei und experimentierte spter mit 3D-Scannern und 3D-Druck, als diese Technologien bekannter und zugnglicher wurden. Anschlieend versuchte er, sie in seinem Beruf zu nutzen.

Ich habe einen praktischen Nutzen darin gesehen, 3D-Technologien einzusetzen, um bestimmte Probleme bei der Dokumentation, Aufwertung und Erhaltung von Kulturgtern zu lsen. Mit 3D-Scannern fr die Evaluation von Kunstwerken fing es an. Anschlieend wurde die digitale Modellierungssoftware Teil des Arbeitsprozesses und jetzt wird sie mit 3D-Druck abgerundet, so Mercante. Seit den frhen Tagen meines Studiums war es immer mein Ziel, zu zeigen, dass Restauratoren moderne digitale Werkzeuge direkt und unabhngig in den Arbeitsprozess integrieren knnen, ohne dass wir diese Arbeiten an Profis auslagern mssen. Wie sieht der Arbeitsprozess bei der Restaurierung aus?

Evaluation des Kunstwerks

Der erste Schritt in einem Restaurierungsprojekt ist die Evaluierung des Zustands des Kunstwerks durch qualifizierte, technische Inspekteure, die dabei mit den Restauratoren zusammenarbeiten. Wir arbeiten an der Lsung von drei verschiedenen Herausforderungen: Dringlichkeit, Prvention und Aufwertung. Dringlichkeit bedeutet, dass es fr uns oberste Prioritt hat, ein Kunstwerk schnell zu restaurieren, um es zu retten. Wenn wir glauben, dass sich sein Zustand in absehbarer Zeit verschlechtern wird, fhren wir die Restaurierung zur Prvention durch. Wenn das Kunstwerk ausgestellt oder einer Studie unterzogen werden soll, muss es fr diese besonderen Situationen vorbereitet werden. Das nennen wir Aufwertung.

Ein entscheidender Aspekt, der die Restaurierung einschrnken oder verhindern knnte, ist die Mglichkeit, dass der Eingriff das Kunstwerk beschdigen und seine Integritt beeintrchtigen knnte. Eingriffe sollten nur durchgefhrt werden, wenn sie fr die Erhaltung und Rettung des Kunstwerks erforderlich sind.

Scannen, Modellieren und 3D-Druck

Scannen ist der erste Schritt, um mithilfe erhaltener Formen eine Grundlage fr die Restaurierung zu schaffen. Mit digitalem Scannen und Modellieren kann der ursprngliche Stil des Knstlers besser bercksichtigt werden. Restauratoren sind Kunsttechniker und nicht Maler oder Bildhauer der interpretative und kreative Aspekt sollte unsere Arbeit nicht beeinflussen, erklrt Mercante.

Nach dem Scan untersuchen die Restauratoren die Probleme und analysieren mgliche Aufwertungen. Der endgltige Schritt ist die Umsetzung, bei der die Dokumentation erstellt wird, die Formen gestaltet werden und die Restaurierung durchgefhrt wird. 3D-Druck wird genutzt, um Prototypen zur Qualittskontrolle und Visualisierungshilfe zu erstellen, aber auch fr die endgltige Restaurierung des Materials eingesetzt.

Eine Restaurierung umfasst Reinigen, Konsolidieren, Restaurieren des Materials und die farbliche Integration. Durchschnittlich nimmt ein Projekt fnf bis sechs Monate in Anspruch. Bei komplexeren Projekten kann es sogar ber ein Jahr dauern.

Unmgliche Restaurierungen werden mglich

Die zu restaurierenden Objekte reichen von archologischen bis hin zu modernen Kunstwerken. Mercante hat sich auf die Restaurierung von Terrakotta-, Gips-, Glas- und Wachsskulpturen spezialisiert. Doch das Scannen und der 3D-Druck werden in Projekten mit einer noch greren Bandbreite an unterschiedlichen Kunstwerken eingesetzt.

Eines der jngsten Projekte von Mercante war die Restaurierung eines Reliquiars aus verschiedenen Materialien (Glas, Stoff, Metall, Quarz, Kalkstein und Muscheln) fr das Museo degli Argenti im florentinischen Palazzo Pitti. Das Reliquiar enthlt eine Darstellung der Kreuzigung Christi in der Mitte. Der Holzrahmen ist in kleine Zellen unterteilt, die jeweils eine Szene des Rosenkranzes darstellen. Der Rahmen ist mit filigranen Glasornamenten von etwa 1 bis 1,5 mm im Durchmesser verziert. Kleine flammenerhitzte Stbe wurden dazu verdreht und aufgerollt. Das Reliquiar wurde bereit in der Vergangenheit restauriert, doch die fehlenden Verzierungen des Rahmens wurden nicht nachgebildet, da sie zu komplex sind und es keine Techniken fr eine sichere Restaurierung gab.

Als Restauratoren erhalten wir nicht nur den Bestand, sondern ermglichen es den Besuchern auch, das Kunstwerk korrekt zu interpretieren. Dank unserer 3D-Drucker von Formlabs im Labor von Opificio konnte ich die fehlenden Verzierungen des Rahmens rekonstruieren und sie mit weiem Modellmaterial von Formlabs drucken. Anschlieend haben wir sie mit Goldfarbe bemalt und in das Kunstwerk eingesetzt. Die Restaurierung ist unter UV-Licht sichtbar, wodurch man sie leicht zu identifizieren und bei Bedarf schnell entfernen kann, so Mercante.

Da wir im Labor ber digitale Technologien verfgen, kann ich stndig nderungen vornehmen und vollstndig unabhngig arbeiten und dabei an schnelle und wirksame Lsungen denken. In der Vergangenheit konnten manche unserer Projekte aufgrund von engen Zeitfenstern und den hohen Kosten der externen Dienstleistungen nicht durchgefhrt werden. Wenn ich denselben Arbeitsprozess ohne diese digitalen Werkzeuge durchfhren msste, htte ich bei vielen Projekten wohl aufgegeben.

In einem dieser Flle war die Rekonstruktion einer Holzschnitzerei aus dem 17. Jahrhundert nur durch Scannen und 3D-Druck mglich. The Panel of Cosimo III vom englischen Holzschnitzer Museo degli Argenti ist eine groe Tafel voller Details, deren technische Virtuositt nur sehr schwer nachzubilden ist. Das Werk wurde bereits mehrfach restauriert. Allerdings haben Restauratoren nie versucht, fehlende Ornamente zu ersetzen, da es technisch kaum mglich ist, Holz mit derselben Kunstfertigkeit wie der des Meisters am Hof von Knig Karl II. von England zu schnitzen. Verschiedene Lsungen wurden ber die Jahre vorgeschlagen, wovon jedoch keine befriedigend war.

Im Jahr 2016 konnte Mercante zusammen mit seiner Kollegin Cristina Gigli mithilfe der 3D-Drucker und -Scanner im Labor des Opificio einen virtueller Guss auf der Grundlage eines hnlichen Ornaments im Kunstwerk erstellen. Sie haben ihn kunstvoll angepasst, damit er an die Stelle der fehlenden Verzierung passt. Wir haben das Design mit dem 3D-Drucker gefertigt, im passenden Holzton bemalt und in das Kunstwerk eingesetzt. So lie sich das Problem der knstlerischen Interpretation des Teils lsen und wir konnten die technischen Hrden bei dieser komplexen Holzschnitzerei meistern, so Mercante.

Vielseitige Werkzeuge in den Hnden eines Restaurators

Mercante fand heraus, dass Teile aus einem SLA 3D-Drucker eine hohe Oberflchengte und hochprzise Details bieten. Mit nur etwas Nachbearbeitung sind sie sofort in der Restaurierung einsetzbar. 3D-Drucke knnen auch verwendet werden, um Formen fr das Vergieen des Originalmaterials sogar von Metallen herzustellen.

Vor kurzem hat Mercante zusammen mit seinen Kollegen Acerina Garcia Garcia und Edoardo Radaelli ein Projekt fr einen Privatkunden abgeschlossen. Bei diesem Auftrag sollten die Finger einer Skulptur auf einem Grabmal in der Kapelle der Villa Borromeo dAdda in Arcore bei Mailand rekonstruiert werden. Aus dem 3D-Scan der zerbrochenen Hand und einer Kreideskizze, die in einem anderen Museum verwahrt wurde, konnte das Team alle Finger wieder nachbilden, wobei besondere Rcksicht auf die Proportionen und den Stil des Knstlers, Vincenzo Vela, genommen wurde. Wir haben die Nachbildungen mit dem 3D-Drucker erzeugt, sie im passenden Marmorton bemalt und sie direkt durch kleine Magnete nicht-invasiv und umkehrbar in das Kunstwerk eingesetzt, so Mercante.

Letztes Jahr arbeitete Mercante zusammen mit Alice Maccoppi an der Dokumentierung und Restaurierung einer knstlichen Grotte aus dem 17. Jahrhundert. Die Grotte wurde ursprnglich als Erholungsort gebaut und ist mit Muscheln und Kalksteingebilden bedeckt.

Um die fehlenden Verzierungen zu rekonstruieren, hat Mercante Teile der Wand gescannt, an denen alle Muscheln vorhanden waren, und sie mit 3D-Bildbearbeitung von der Umgebung isoliert. Er bildete die Muscheln im Verhltnis 1:1 mit dem 3D-Drucker nach. Anschlieend wurden sie von Maccoppi genutzt, um Formen fr den Guss von Geopolymeren zu fertigen.

Die Zukunft der Restaurierung

Da sie aus einem traditionellen Beruf kommen, haben viele Restauratoren Hemmungen, neue Werkzeuge in ihre Arbeitsprozesse zu integrieren. Mercante glaubt, dass einige Restauratoren die irrtmliche Vorstellung haben, dass Scanner und 3D-Drucker die Restaurierungsarbeit steril und mechanisch machen. Allerdings schwinden die Zweifel nach und nach, da die Qualitt stets besser wird und die modernen Technologien ein wachsendes Potenzial bieten.

Das Wichtigste ist die Erhaltung des Kunstwerks. Wenn digitale Techniken und Werkzeuge diesen Aspekt verbessern, sind sie gerne gesehen. Vom technischen und theoretischen Gesichtspunkt aus gibt es fr die Restaurierung nur Vorteile, so Mercante 3D-Drucker drfen nicht der Zweck, sondern nur das Mittel sein. Sie sind Werkzeuge in der Hand des Restaurators, die zustzliche Lsungen ermglichen. Diese kann der Restaurator wiederum nutzen, um sein Wissen, sein Knnen und seine Kunstfertigkeit direkt zu bertragen und an die Bedrfnisse des Kunstwerks anzupassen. Mit der Untersttzung von digitalen Werkzeugen knnen jetzt noch hochwertigere Ergebnisse erzielt werden. Darum mchte ich Restauratoren ermutigen, sie zu nutzen, denn die Zeit- und Kostenersparnis lohnt sich.

Mercante hofft, dass digitale Technologien weitere Verbreitung finden und bei immer mehr Restauratoren zu einem wichtigen Werkzeug in ihrem Repertoire werden. Seit 2015 nutze ich in ffentlichen Einrichtungen wie dem Opificio delle Pietre Dure Scanner und 3D-Druckern in der Praxis. Ich hoffe, dass wir im Institut eine Abteilung ins Leben rufen knnen, die zu einem eigenstndiger Anbieter von Scan-, 3D-Druck- und Modellierungsdienstleistungen fr die Restaurierung von Kulturgtern wird.